Schüler*innen experimentieren mithilfe von Peeks & Pokes bis zur ISS

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Für ein Schülerprojekt der Sternwarte Bochum, das im Rahmen eines ESA Schülerwettbewerbs, namens „Astro Pi Challenge“ stattfindet, wurden wir Anfang 2021 von dem Leiter der Sternwarte, Thilo Elsner, mit der Aufgabe betraut, für selbige einen Vintage Computer Fuhrpark, basierend auf CBM PET Rechnern aufzubauen.

Die Schüler*innen sollen künftig die Gelegenheit haben, mithilfe von einfachen Basic Programmen auf diesen (CBM PET) Rechnern an die Wurzeln des Programmierens herangeführt zu werden, um dann schlussendlich auf dem sogenannten „Astro Pi“ Experimente zu entwickeln, die im Rahmen dieses Wettbewerbs auf der ISS ausgeführt werden.

Um eine Brücke zwischen Moderne und Historie zu schlagen, soll der „Astro Pi“ hierfür in ein dem CBM PET nachempfundenes Gehäuse verbaut werden, welches ebenfalls von den Schülern in 3D gedruckt und zusammengebaut wird.

Leider hat Corona immer wieder für Terminverschiebungen gesorgt, sodass das Astro Pi Projekt aktuell noch aussteht.

Derweil steht aber nach einem ersten Test fest, dass es eine dauerhafte Implementierung der Vintage Computer in das Programm der Sternwarte geben wird.

Bilder © Thilo Elsner (IUZ – Sternwarte Bochum)

Das Projekt „Astro Pi Challenge“

Die Europäische Weltraumorganisation (ESA), sowie die Raspberry Pi Stiftung haben vor einigen Jahren ein Wettbewerbsprojekt, namens „Astro Pi“ ins Leben gerufen.

Dieses Projekt ist in zwei Missionen unterteilt – Mission Zero und Mission Space Lab. In der Mission Space Lab sollen Schüler*innen ab Klasse 9 dazu bewegt werden, Programme mit wissenschaftlichem Charakter auf dem Astro Pi zu programmieren, um diese dann möglicherweise auf der ISS ausführen zu lassen.

Hierfür steht immer ein aktueller ESA Astronaut Pate.

Sternwarte Bochum, ESA und das Thema Bildung

Die Sternwarte Bochum mit ihrem Institut für Umwelt- und Zukunftsforschung (IUZ), ist Gründungsmitglied von ESERO Germany, dem deutschen Weltraum-Bildungsbüro der ESA. Ziel dieser Organisation ist es, Weltraumforschung in Schulangebote zu integrieren und so das Interesse und die Kompetenzen von Schüler*innen in MINT-Fächern zu fördern.

Ferner betreibt das IUZ ein sogenanntes Schülerlabor, welches vom Land NRW unterstützt wird. Dort wird nicht nur den ganz Kleinen spielerisch Wissen vermittelt, sondern dort werden auch Projekte wie der „Astro Pi“ initiiert.

Hier wird nun auch der von uns aufgebaute Vintage Computer Fuhrpark dauerhaft integriert und für verschiedenste Projekte zum Einsatz kommen.

Der Gerätepark

Da wir in der Vergangenheit bereits mit der einen oder anderen Bildungseinrichtung erfolgreich kooperiert haben, hat uns die Sternwarte Bochum um technische Unterstützung bei der Umsetzung dieses Projekts gebeten.

Hierfür wurde folgende Hardware benötigt.

  • 5 x CBM Rechner des Typs 3032
  • 5 x CBM 3022/23 Drucker
  • 5 x CBM 3040 Doppellaufwerke
  • 5 x PetDisk 2k21 (rudimentäres, auf SD Karten basierendes, modernes Speichermedium)

Da das Budget für dieses Projekt nicht sonderlich groß war, haben wir neben eigenen Suchbestrebungen auch in der hiesigen Community im Spätherbst 2021 einen Aufruf gestartet und um Unterstützung gebeten. Dieser wurde teils zwar sehr kritisch beäugt, und brachte hitzige Debatten über die Sinnhaftigkeit mit sich, am Ende wurden einige Kritiker aber mit zu den größten Unterstützern.

Besonders hervorzuheben ist hier die große Hilfs- und Spendenbereitschaft aus der hiesigen Szene. So z.B. von einige Nutzern des Forums, vom VzEkC (Verein zum Erhalt klassischer Computer), sowie dem Forum 64 und einigen anderen, kleineren Szene-Foren. Ohne deren Unterstützung wäre es uns in so kurzer Zeit vermutlich nicht möglich gewesen, den Fuhrpark zusammenzustellen. Innerhalb von zwei Monaten hatten wir bereits so viel Hardware zusammen, dass wir mit der Aufbereitung und Instandsetzung beginnen konnten.

Ziel war es, insgesamt 5 identische Systeme aufzubauen. 4 davon für je 2 Schüler und ein System für den jeweiligen Mentor.

Die Technik und deren Aufarbeitung

Das meiste, was uns erreichte, funktionierte zwar, musste jedoch den Bedürfnissen und den elektronischen Sicherheitsansprüchen der heutigen Zeit angepasst werden. So musste bei nahezu allen Geräten z.B. die Stromversorgung überarbeitet werden. Speziell die uralten Spannungsregler stellten hier ein Problem dar.

Zudem verfügten einige Geräte über teils nicht mehr nachvollziehbare Modifikationen und Anpassungen, die allesamt wieder rückgebaut werden mussten. Der eine oder andere Rechner litt auch an Speicherproblemen oder zeigte hin und wieder einen „Garbage Screen“. In dem Zuge wurden auch sämtliche Bauteile, wie Kondensatoren, gewechselt, die einem Alterungsprozess unterliegen.

Natürlich darf man auch die Optik nicht vergessen. Alle Geräte wurden akribisch gereinigt, Beulen und Rost wurden entfernt, fehlende Schrauben ersetzt, unnötig gebohrte Löcher für Schalter und Taster wurden gespachtelt, die Tastaturen wurden gereinigt, Kontaktflächen wieder kontaktfähig gemacht und am Ende wurden sämtliche Gehäuse einheitlich lackiert und mit neuen Beschriftungen, Typenschildern und Spender/Unterstützer Widmungen versehen.

Beim Thema Speichermedien haben wir uns dann schlussendlich gemeinsam mit der Sternwarte für ein modernes Speichermedium entschieden. Wir hätten zwar auch gern die alten Floppylaufwerke stilecht in den Betrieb integriert, dies macht aber faktisch keinen Sinn. Erstens stellte sich heraus, dass von insgesamt 10 CBM 3040 Doppellaufwerken nur zwei halbwegs zufriedenstellend arbeiteten. Beim Rest waren größtenteils die Schreib-/Leseköpfe entweder teilweise oder sogar komplett defekt. Zweitens bieten zum Teil 30-40 Jahre alte Datenträger auch nicht mehr die Datensicherheit, die man für einen derartigen Betrieb benötigt. Zudem würden Schreib-/ und Lesevorgänge zeitlich deutlich den Unterrichtsrahmen sprengen.

Dank der freundlichen Unterstützung von Michael Hill (Bitfixer), aus den USA und seinem PetDisk Urdesign haben wir mithilfe eines Redesigns von Florian Stassen aka funkenzupfer, ein rudimentäres, kostengünstiges, modernes, auf SD Karten basiertes Speichermedium  – den PetDisk 2k21 Astro Pi Edition – neu aufgelegt und in einer Kleinserie fertigen lassen. Hiermit ist es der Sternwarte möglich, Unterrichtsmaterial an einem handelsüblichen PC vorzubereiten und schnell auf alle SD Karten zu kopieren oder um umgekehrt, am CBM 3032 gespeicherte Inhalte an einem PC schnell zu überprüfen. Die Schüler lesen und speichern ihre Daten am CBM 3032 jedoch exakt so, als sei es ein echtes Floppylaufwerk.

Dennoch wird jeder Rechner später mit einem CBM 3040 Laufwerk ausgestattet, einfach allein schon deswegen, um stilecht einen klassischen Computer Arbeitsplatz Ende der 1970er Jahre abzubilden. Im Idealfall werden die meisten Laufwerke auch funktionieren, das aber hat dank des PetDisk 2k21 keine Priorität.

Bei den Druckern sieht es hingegen sehr kritisch aus. Hier ist zwar eine ausreichende Anzahl an Geräten zusammengekommen, doch leider leiden 80 % der Geräte unter mechanischen Defekten, die in Ermangelung von Ersatzteilen nur schwer wieder Instand zusetzen sind. Dies wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Die Übergabe

Im März 2022 war es dann endlich soweit. Die gewünschten fünf Rechner waren fertig überarbeitet und konnten der Sternwarte Bochum (leider noch immer unter Corona Bedingungen) übergeben werden. Gemeinsam mit Florian Stassen übergaben wir die Rechner in die Obhut von Thilo Elsner und der zuständigen Pädagogin Nicole Sehrig. Hier wurde dann auch ausgiebig über die umfangreiche Instandsetzung geplaudert und eine technische Einweisung vollzogen.

Wie man unschwer auf den Fotos erkennt, haben wir den Rechnern als kleinen Sidekick Namen der noch existierenden Spaceshuttles gegeben – sinnbildlich dafür, welchen Einfluss Luft-/ und Raumfahrt seit der Mondlandung auf uns, die Technik und umgekehrt hatten und noch immer haben. Nicht zuletzt eine Ära, in der das Computerzeitalter erst so richtig begann.

Ein erster Test

Im Sommer 2022 berichtete uns die Sternwarte Bochum dann von einem ersten Testlauf, losgelöst von speziellen Projekten. In einer knapp zweiwöchigen Veranstaltung durfte eine kleine Gruppe freiwilliger Interessenten von Oberstufenschülern (und was uns ganz besonders freut, auch Oberstufenschülerinnen!!!) die Rechner ausgiebig testen. Man berichtete uns, dass die Schüler reges Interesse an dieser steinzeitlichen Computertechnik hatten und wissbegierig alle Infos dazu aufsogen. Somit hat sich für uns schon der ganze Aufwand gelohnt und wir könnten theoretisch sagen: „Mission complete“.

Wie man den Fotos entnehmen kann, wurden von der Sternwarte stabile Roll-Computertische angeschafft, um die Rechner würdig unterzubringen. Sie haben auch noch genug Platz für Peripherie.

Tatsächlich werden wir uns auch weiterhin darum kümmern, die noch verbliebene Technik wieder flott zu kriegen, insbesondere die Drucker. Auch darüber hinaus stehen wir der Sternwarte Bochum mit Rat und Tat zur Seite, um diesen Vintage Computer Fuhrpark zu erhalten und weiterhin den Bedürfnissen anzupassen.